Das Schweigen der Medien
Host: Eva Tritschler
Agenda Cutting - oder auch die Dethematisierung von Nachrichten - steht auf der Agenda von Filiz Kalmuk. Sie untersucht in ihrer Dissertation das Phänomen aus kommunikationswissenschaftlicher und medienethischer Perspektive. Sich damit wissenschaftlich auseinanderzusetzen, ist gar nicht so einfach, denn, so Filiz: „Ich untersuche Nachrichten, die quasi nicht existieren.“ Wie das Setzen von Themen im öffentlichen Diskurs funktioniert, ist hinlänglich bekannt und erforscht. Wie unliebsame Themen aus dem öffentlichen Blick genommen werden und wie das gegenüber den Medien gelingt, ist hingegen bisher unbeachtet. Filiz Kalmuk, die in ihrem Bachelor-Studiums Mitglied der Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) wurde, nennt drei Erscheinungsformen identifiziert: Unerwünschte Nachrichten tauchen entweder gar nicht auf oder nur ganz kurz oder laufen „unterm Radar“. Das heißt, dass eigentlich relevante Nachrichten aus Politik oder Wirtschaft von beispielsweise sogenannten Junk-News überlagert werden. Umgekehrt ausgedrückt: Die Zeit etwa einer Fußball-WM eignet sich gut für Meldungen, die man nicht komplett unterdrücken kann, etwa eine Steuerhinterziehung oder einen Schadensfall in einem Unternehmen. In ihrer Doktorarbeit wird sich Filiz Kalmuk unter anderem mit den Gründen für Agenda Cutting in den Medien befassen. Eine Vorstudie lässt vermuten, dass beispielsweise logistische Zwänge eine Rolle spielen; dass Vorwissen und Vorurteile der Journalisten selbst, aber auch Klickzahlen im Internet und externe Einflüsse mit ursächlich sein können. In diesem Zusammenhang nennt Filiz Kalmuk die Erkenntnisse einer Vorstudie mit Studierenden, dass in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten öfter Agenda Cutting zum Tragen kommt als bei privaten Sendern.
Filiz Kalmuk studierte in Köln an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft bis 2017 Journalismus und Unternehmenskommunikation und schloss an der Rheinischen Fachhochschule Köln zwei Jahre später das Master-Studium in International Marketing and Media Management ab. NGOs und Corporate Social Responsibility standen jeweils im Fokus. So verwundert es kaum, dass sie nach Abschluss ihres Promotionsvorhabens Berufserfahrung am liebsten in einer NGO sammeln möchte. Da sie allerdings auf den Geschmack gekommen ist „Blut geleckt hat“, wie sie sagt, soll es später auf jeden Fall wieder in die Forschung zurück gehen.
Betreuer der Doktorarbeit an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist Prof. Dr. Hektor Haarkötter.
Links:
Infos zum Graduierteninstitut der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: https://www.h-brs.de/gi
Top Ten 2021 der vergessenen Nachrichten: http://www.derblindefleck.de/top-ten-der-vergessenen-nachrichten-2021/)
Studie Medienjournalismus in Deutschland: https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien-2021/medienjournalismus-in-deutschland/
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